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Frühstück als Herausforderung

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Sr. Juliana mit den Novizinnen in der Wüste des Negev.

Aus drei Kontinenten und vier Ländern stammen die sechs jungen Frauen, die in den Orden der Sionsschwestern eingetreten sind. Sr. Juliana Baldinger hat sie als Noviziatsleiterin nun ein Jahr lang begleitet. Die unterschiedliche Herkunft war für alle eine enorme Herausforderung.

Die Ordensausbildung im Land der Bibel machen zu können, ist für die sechs Novizinnen der Sionsschwestern eine besondere Chance. Noviziatsleiterin Sr. Juliana Baldinger (Vierte von rechts) ist mit den jungen Frauen viel im Land unterwegs.

Das Problem begann schon beim Frühstück: Die eine wollte Fisch und Reis, die andere Tortillas und die Dritte Brot. Nach einem Jahr gemeinsamen Lebens kann Sr. Juliana Baldinger herzhaft lachen. Aber es war schon harte Arbeit, eine Basis dafür zu finden. Sr. Julianas Orden, die Schwestern „Unserer Lieben Frau von Sion“, hat beschlossen, weltweit nur mehr ein einziges Noviziat zu führen – und zwar in Ein Kerem bei Jerusalem. 2014 war der Start, Sr. Juliana, die davor 20 Jahre in Ägypten tätig war, wurde zur Novizenmeisterin des Ordens ernannt.

Die jüdischen Wurzeln

Die Wahl des Ausbildungsortes hat mit der Geschichte der Gemeinschaft zu tun: Die Priester Theodore und Alphonse Maria Ratisbonne – selbst vom Judentum zum Christentum konvertiert – haben die Sionsschwestern mit dem Ziel gegründet, sich um jüdische Waisenkinder anzunehmen, für die Konversion von Juden zu beten und dafür auch zu werben. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich die Zielsetzung des Ordens grundlegend geändert. Nun steht der Dialog mit dem Judentum sowie mit dem Islam, der Einsatz für Bildung und gegen Armut im Mittelpunkt, doch die geistlichen Wurzeln der Sionsschwestern bleiben in Jerusalem.

„Zusammenraufen“

„Wir haben uns zusammgerauft. Man lernt, aufeinander Rücksicht zu nehmen“, erzählt Sr. Juliana von dem ersten Jahr in Ein Kerem: „Das beginnt schon beim Einkaufen.“ Die multikulturelle Gemeinschaft war aber schließlich keine Last, sondern eine Bereicherung. Jede Novizin hat ihre Lebenserfahrung eingebracht. Das wurde besonders bei den Kreuzwegen deutlich, die sie gestaltet haben. Die zwei Novizinnen aus den Philippinen haben die Ausbeutung der Natur und die Unterdrückung der Frauen zum Thema gemacht. Das Leben in einer Gesellschaft, die von unvorstellbarer Kriminalität geprägt wird, haben die zwei Novizinnen aus Guatemala aufgeriffen. Aus Ägypten und Brasilien kommt je eine weitere Novizin.

Die wirkliche Krise im ersten Ausbildungsjahr war nicht das „Multi-Kulti“, sondern brachte der Gazakrieg. Jede der jungen Frauen hatte in ihrer Heimat gewalttätige Auseinandersetzungen, Willkür von Militär oder Kämpfe schon am eigenen Leib erfahren. „Die Angst war groß, vor allem als wir die Raketen über unseren Köpfen am Himmel sahen“, sagt Sr. Juliana: „Aber schlussendlich haben wir die Situation miteinander durchgestanden.“

Im Land der Bibel

Im Land der Bibel die Bibel zu studieren bietet einen Schwerpunkt im geistlichen Leben, ebenso wie das Kennenlernen des Judentums. Der Spiritualität der Sionsschwestern entsprechend erhalten die Novizinnen Einführungen in die jüdischen Feste und feiern sie – soweit als möglich – auch mit. Wenn Sr. Juliana auf das Pionierjahr der Ausbildung in ihrem Orden zurückschaut, resümiert sie: „Zu sehen, wie die jungen Frauen gewachsen sind, wiegt alle Mühe auf.“ Die sechs Novizinnen sind nun auf Praktika – verstreut über die ganze Welt. Sr. Juliana nutzt die Zeit für einen Heimaturlaub in Österreich, den sie – man sieht es ihr an – wirklich brauchen kann. Die nächsten vier Frauen warten übrigens schon wieder auf den Beginn des neuen Noviziats im Jänner 2016.

Quelle: Josef Wallner KIZ 23 / 4.6.2015

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