Frankfurter Sionsschwestern brechen auf wie Abraham

Sr. Clemens Maria von den Frankfurter Sionsschwestern vor dem Umzug nach Halle.

Sr. Clemens Maria von den Frankfurter Sionsschwestern vor dem Umzug nach Halle.

Ein bisschen fühlen sie sich wie Abraham, der von Gott aufgefordert wurde, seine Heimat zu verlassen und in das ferne, fremde Land Kanaan zu ziehen, die drei Sionsschwestern aus Frankfurt: Nach fast 40 Jahren am Main verlassen sie in den ersten Junitagen ihr Domizil im alten Pfarrhaus von St. Leonhard mitten in der Stadt und ziehen in eine kleine Wohnung nach Halle an der Saale.

„Nach drei Generationen, die in der DDR von Religion ziemlich unberührt aufgewachsen waren, wollen wir hier als Christinnen präsent sein“, begründet Schwester Clemens Maria Streubel Abschied und Aufbruch. Die 71-Jährige und ihre beiden Mitschwestern Sr. Anna Schwarz und Sr. Mechthild Vahle, die Berufen in der Gemeindeseelsorge nachgegangen waren, leben von ihrer Rente. Sie wissen, dass sie von der katholischen Kirche im Bistum Magdeburg keine finanzielle Unterstützung erwarten können. „Aber soziale Probleme gibt es bestimmt genug. Vor Ort werden wir sehen, wo unsere Hilfe am nötigsten gebraucht wird“, ist Sr. Clemens Maria sicher.

Auch in Frankfurt, der bisher einzigen deutschen Niederlassung der Sionsschwestern, haben es die Ordensfrauen so gehalten. Während Sr. Clemens Maria 21 Jahre in der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen als Lektorin für Latein und Neutestamentarisches Griechisch tätig war, oder Sr. Anna im Franziskustreff des Liebfrauenklosters in der Frankfurter City gearbeitet hat, stand immer auch das soziale ehrenamtliche Engagement im Vordergrund.

Gegründet wurde ihr Orden 1843 von Théodore Ratisbonne, einem Elsässer Juden, der sich mit 24 Jahren taufen ließ und später Priester wurde. Unter dem Namen „Unserer lieben Frau von Sion“ sollten die Schwestern künftig so wie Maria, die Muttergottes und Tochter Sions, das Wort Gottes leben und der Verständigung von Christen und Juden dienen. Sion ist der biblische Name Jerusalems, der Stadt des Friedens. Mitten im muslimischen Viertel von Jerusalem gründete Théodores jüngerer Bruder Alphonse, der ebenfalls zum Katholizismus übergetreten war, 1874 eine Schule für Waisen und arme Kinder der arabischen Bevölkerung. Das heutige Ratisbonne-Zentrum ist mittlerweile ein christliches Institut für jüdische Studien und gehört dem Vatikan. Knapp 1200 Schwestern arbeiten weltweit für den Orden.

Im Oktober 1968 ließen sich die ersten Schwestern in Frankfurt nieder, zunächst in der Bockenheimer Gemeinde Frauenfrieden, 1984 bezogen sie das alte Pfarrhaus in der Buchgasse, das nun zu einem Generationenhaus des Caritas-Verbandes umgestaltet werden soll. Die christlich-jüdische Zusammenarbeit war auch in Frankfurt einer der Schwerpunkte der Sionsschwestern. Zeugnis legt davon vor allem ihre umfangreiche Bibliothek ab, die fast 1600 Titel umfasst. „Wir haben hier eine fast lückenlose Dokumentation der Geschichte der Christlich-jüdischen Beziehungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zusammengetragen“, erzählt Sr. Clemens Maria. „Und damit etwas von unserem Orden hier in Frankfurt bleibt, haben wir sämtliche Bücher dem neuen Haus am Dom geschenkt“. In der Präsenzbibliothek des Akademischen Zentrums Rabanus Maurus sind die vielen hundert Bücher mittlerweile angekommen, wurden archiviert und stehen nun den Besuchern des neuen Bildungs- und Kulturzentrums des Bistums Limburg zur Verfügung. Eine Sammlung von Judaika, etwa Chanukka-Leuchter, ging an das Amt für katholische Religionspädagogik, ebenfalls im Haus am Dom, und kann hier für den Religionsunterricht ausgeliehen werden.

Als kleines Dankeschön für die in fast 40 Jahren in Frankfurt geleistete Arbeit und die Schenkung der umfangreichen Sammlung richten die Stadtkirche Frankfurt, das Akademische Zentrum Rabanus Maurus und das Amt für katholische Religionspädagogik den Schwestern am 11. Juni um 17.30 Uhr eine Abschiedsfeier im Haus am Dom aus. (dw)

Quelle: Bistum Limburg