Gedanken

Pandemie – und Sabbatjahr

Wenn aus dem Pandemiejahr ein Sabbatjahr wird!

Vor mehr als einem Jahr begann sich das Leben mit dem Auftauchen des Corona-Virus zu verändern.

In den ersten Wochen erlebte ich, dass meine Zeit mit mehr Zeit zum Beten, zum Nachdenken, oft und für längere Zeiträume gefüllt war. Zu dieser Zeit dachte ich noch, dass innerhalb von ein oder zwei Monaten alles wieder normal sein würde. Jetzt also, viel später als erwartet, nach 16 Monaten dieser Verlangsamung, wird das Leben hier für uns in Israel allmählich wieder normal; was auch immer dieses neue “Normal” bedeutet!!!

Es war nicht nur dieses “langsamer werden “, das ich in diesen Monaten erlebte, sondern ich habe auch den Computer organisiert und ihn von allem unnötigen Gerümpel befreit; auch das Haus bekam eine gute Reinigung. Einige Monate später wurde klar, dass es sich um eine weltweite Kalamität handelte, und dass sie länger als nur ein paar Wochen oder Monate andauern würde. Treffen oder Versammlungen wurden verboten, Exerzitien in persönlicher Anwesenheit wurden nicht angeboten, und so wurde die Norm zoom oder andere Online-Plattformen, um sich zu treffen und dem Anderen zu begegnen.

Meine ersten Exerzitien wurden von Sr. Rita vorgeschlagen. Sie lud mich ein, an einem zoom-Treffen mit Ron Rolheiser vom Queen’s House Spiritual Centre in Saskatoon, Kanada, teilzunehmen. Von da an begann ich, deren Newsletter zu erhalten, und ich sah die vielen Programme, die über zoom angeboten wurden. So meldete ich mich als Teil eines spirituellen Sabbatjahres, das zu meiner Realität wurde, für dreißigtägige Exerzitien im Alltag an. Es gab 15 Teilnehmer*Innen und jeder Teilnehmende musste einen persönlichen spirituellen Leiter haben. Von September bis Mai traf sich diese 15-köpfige Gruppe alle zwei Wochen per zoom, um gemeinsam unterwegs zu sein und den Ignatianischen Weg der Nachfolge Jesu Christi zu teilen.

Während dieser Monate nahm ich auch einmal mit den Oblaten von Toronto und einmal mit Queen’s House an einem kurzen Kurs für geistliche Begleitung teil. Dieser Dienst ist ein Ruf, der seit einiger Zeit immer wieder zu mir gekommen ist: der Ruf, mehr Wissen und Erfahrung zu haben, wie man jemanden geistlich begleitet. Ich ging auch zurück zu meinen Notizen aus meinem Noviziatsausbildungskurs im Jahr 2006. Ich habe festgestellt, dass sich diese Art des Zuhörens und Lernens in mir weiter vertieft.

Mein zweites Engagement bestand darin, mich auf die hebräische Sprache zu konzentrieren, und so begann ich, eine Stunde am Tag fernzusehen. Ich richtete meine Aufmerksamkeit besonders auf die Nachrichten. Am Anfang war das, was ich hörte, nur Geräusche, aber mit der Zeit wurden diese Geräusche zu Worten, und dann wurde es für mich zu einer Begegnung. Diese “Begegnung” bedeutet nicht, dass ich jedes Wort verstehe, aber dass ich die alltäglichen Worte, die von Israelis gesprochen werden, unterscheiden kann. Es ist wirklich aufregend zu merken, dass ich auch in dieser nützlichen Kommunikationsfähigkeit besser werde!

Neben diesen beiden Hauptaktivitäten habe ich am zoom-Unterricht teilgenommen, der von unserem Sions-Zentrum in Bayswater London, im Zentrum für Biblische Studien (CBF), oder von den australischen Schwestern organisiert wurde. Ich verfolge auch das Studium des Markus-Evangeliums auf Hebräisch mit P. David. In den Tagen von Ostern bis Pfingsten eröffnete sich für mich ein weiteres zoom-Treffen, nämlich die Lesung der Apostelgeschichte mit der Österreichischen Bibelgesellschaft, (einer deutschsprachigen Gruppe).

Die Online-Plattform Workplace, die von der Kongregation geschaffen wurde, ist zu einer Quelle des Austauschs und des Bewusstseins für die Engagements der Schwestern und der Familie von Sion in der ganzen Welt geworden. So konnte ich dort die Kunstausstellung der Moravia-Schule in Costa Rica erleben; etwas über das Engagement der Schwestern in Brasilien oder auf den Philippinen erfahren; eine Gruppe gründen, in der ich mich engagiere.

Abschließend kann ich feststellen, dass dieses Jahr der Corona-Pandemie mir die Chance gegeben hat, mich sowohl in neue Initiativen einzubringen als auch neue Fähigkeiten und Weisheiten zu erlernen. So ist das Jahr für mich in jeder Hinsicht zu einem Sabbatjahr geworden. Ich habe mich ausgeruht, war offen für neue Wege des Zuhörens, Hörens und Engagierens. Ich bin meiner Leidenschaft gefolgt, das Bewusstsein für Berufungen zu fördern und mehr über die Realität und die verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus zu erfahren. In diesen letzten Monaten des Sabbatjahres, das Gott mir geschenkt hat, lasse ich mich auch körperlich behandeln. Dazu erhalte ich einmal in der Woche eine chinesische Massage. Ich finde, dass dies eine sehr große Hilfe für meinen Nacken und Rücken ist.

In unserer Konstitution Nr. 84 heißt es, dass das Ziel der Weiterbildung darin besteht, jeder Einzelnen zu helfen, in ihrer Gotteserfahrung, in ihrer Teilnahme am Gemeinschaftsleben und im Dienst an anderen zu wachsen.

Ich danke meiner Gemeinschaft, dass sie mich während dieser Zeit getragen hat. Die oben genannten Aktivitäten und Orientierungen waren meine Art, mich auf ein Sabbatjahr während der Pandemie einzulassen. Ich habe ein tieferes Zusammenwachsen erlebt, was eine beglückende und tiefe Erfahrung war, das Leben in Fülle zu leben.

In Dankbarkeit,

Juliana NDS
Ein Karem, Juni 2021